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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 28.11.2005


Alles was ich an euch liebe
Tatjana Zilg

Leni und Rafi sind verliebt und fühlen, dass sie perfekt zueinander passen. Wenn er nur nicht Palästinenser wäre und sie Jüdin. Bei einem Familienessen eskaliert das vorbestimmte Konfliktpotenzial.




"Romeo und Julia - das war im Mittelalter" entgegnet Leni (Marian Aguilera) entsetzt ihrer Mutter Gloria Dalinsky (Norma Aleandro), als diese versucht, ihr mit dem berühmt-tragischen Liebespaar die Beziehung zu ihrem Verlobten Rafi (Guillermo Toledo) auszureden. Dieser Vergleich deutet auf die Diskrepanzen zwischen den Generationen hin, die sich in der chaotisch-liebenswürdigen, jüdisch-spanischen Großfamilie Dalinsky widerspiegeln.

Während die beiden Schwestern Leni und Tania (Maria Botto) sehr offen mit ihren kulturellen und religiösen Zugehörigkeiten umgehen, hält die Mutter an einer festgelegten Ordnung fest, ohne sie begründen zu können. Der 82jährige, blinde Großvater Dudu (Max Berliner) gibt sich als militaristischer Veteran zu erkennen, der früher gegen die Palästinenser kämpfte. Gloria hat jedoch allein schon deshalb Distanz zu ihrem jüdischen Glauben, weil ihr jüngstes Kind, der 19jährige David (Fernando Ramallo), die Spätphase seiner Pubertät zu einer zwanghaften Auslegung der Glaubensregeln nutzt. Ständig überprüft er ihre Kochkunst nach koscheren Maßstäben. Am Schabbat versteckt er schon mal das Telefon, um Gespräche über materielle Dinge zu verhindern. Und dann wäre da noch die sechsjährige Paula (Alba Molinero), die uneheliche Tochter von Tania und eine kleine Nervensäge, deren Augen nichts entgeht und die den nervösen Rafi mit ihren kindlichen Fragereien vor der Familie bloßstellt.

Eigentlich wollte Leni bei diesem ersten Treffen mit der Schwiegermutter in spe das heikle Thema, dass ihr Verlobter zwar aus Israel, aber Palästinenser ist, nicht ansprechen. So wird Rafi zu seiner Verwunderung zunächst sehr herzlich von der Familie aufgenommen: David begrüßt ihn auf hebräisch, Gloria findet es wundervoll, dass er aus Jerusalem ist, und Dudu erzählt ihm von seinen Veteranenerlebnissen. Unglücklicherweise geschieht Rafi, der äußerst bemüht ist, einen guten Eindruck zu machen, ein fatales Missgeschick: Ein Container mit eingefrorener Suppe, die er auftauen soll, während Leni sich mit der Mutter austauscht, rutscht ihm aus dem Fenster des Hochhauses. Er eilt hinunter, um sie zu holen. Dort entdeckt er, dass der Container einen älteren Mann bewusstlos geschlagen hat. Er ruft Leni hinzu. Sie überzeugt ihn, anonym einen Krankenwagen zu holen und wieder zum Familienessen zurückzukehren. Mittlerweile hat sie allen gesagt, dass er Palästinenser ist und nun soll er die Gelegenheit nutzen, zu beweisen, dass die Vorurteile unsinnig sind.

Natürlich ergeben sich hieraus turbulente Verwicklungen, stürmische Gefühlsausbrüche und der Zusammenbruch des fragilen Gleichgewichtes der Familie. Als der Vater Ernesto (Mario Martín) nicht zum Essen erscheint, begreifen Leni und Rafi, dass er vermutlich der bewusstlose Mann auf der Straße war. Rafi denkt sogar, er wäre tot. Das können sie aber niemandem mitteilen, ohne die unterschwellig vorhandenen Vorurteile an die Oberfläche zu holen. Stattdessen vermutet Mutter Gloria, angespornt durch Tania, dass ihr Ehegatte eine Affäre hat. Sie stürzen hinaus in die Stadt, um ihn zu finden.

Die Spanier Teresa de Pelegri und Dominic Harari führten gemeinsam Regie und schrieben das Drehbuch. Auch privat sind sie ein Team, sie sind verheiratet: "Manchmal sagen wir uns, dass wir verrückt sind, als Verheiratete gemeinsam Drehbücher zu schreiben und Regie zu führen, aber dann ist es wieder nicht so unvernünftig. Für uns ist Kinomachen wie Sex oder Federball: zu zweit macht es einfach mehr Spaß. Und das Zusammenleben ist Thema von `Alles, was ich an Euch liebe`. Zusammenleben von Liebenden, von Familienmitgliedern, von Juden und Arabern. Es kann sein, dass wir etwas naiv sind angesichts der Situation in Israel, aber manchmal braucht man etwas Naivität. Was auch immer es für Nachrichten derzeit gibt, es ist schön, sich daran zu erinnern, dass eine Jüdin und ein Palästinenser sich lieben können und dass vielleicht eines Tages Frieden und Platz für alle ist."
Das Ehepaar fand in dem Briten Patrick Cassavetti und Adrian Sturges von Greenpoint Film das optimale Produktionsteam für die Realisierung des Projektes.

AVIVA-Tipp: Britisch-schwarzer Humor gepaart mit spanischem Temperament ergeben eine Wohnzimmer-Komödie, die herrlich witzige Momente bereithält und zugleich raffiniert tiefsinnig ist. Für einen politisch unkorrekten Kinoabend voll von Überraschungslacheffekten sowie Denkanstössen über Vorurteile und Klischeebilder.


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Alles was ich an euch liebe

Spanien, Argentinien, Portugal, UK 2004, 89 Minuten
Drehbuch und Regie: Teresa de Pelegri, Dominic Harari
DarstellerInnen: Norma Aleandro, Guillermo Toledo, Maria Botto, Marian Aguilera, Fernando Ramallo, Alba Molinero, Max Berliner, Mario Martín
Kinostart: 01.12.2005
Verleih: Arsenal Film
http://www.arsenalfilm.de


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Beitrag vom 28.11.2005

AVIVA-Redaktion